Exklusiv-Interview mit Nicole

Nicole: Bei meinen Proben hörten die Putzfrauen auf zu putzen

ESC-Legende Nicole ĂŒber ihr neues Album, ihren Geburtstag und „Ein bisschen Frieden“

Wir gratulieren einer Schlagerlegende zur Rubinhochzeit. Heute vor 40 Jahren hat Nicole geheiratet. Grund genug fĂŒr einen kurzen RĂŒckblick und Ausblick auf die Zukunft auf dem Weg zur Goldenen Hochzeit. Mit nur 17 Jahren schrieb Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ Musikgeschichte. Die SaarlĂ€nderin sang sich in nur 3 Minuten in die Herzen von Millionen Musikfans und holte den ersten Eurovision-Song-Contest-Sieg fĂŒr Deutschland. Nicole war auch die SchlagersĂ€ngerin, die mit 17 Siegen am hĂ€ufigsten die ZDF-Hitparade gewann. SchlagerzeileŸ traf die Schlagerlegende in Boltenhagen und sprach mit ihr ĂŒber


Nicole in Boltenhagen
Nicole in Botenhagen

Du bist zurĂŒck, das machst Du allen mit Deiner Musik klar. Dein neuer Song „Lass den Sommer nie vergehen“ ist eine LiebeserklĂ€rung an die warme Jahreszeit. Was fĂ€llt Dir im Sommer leichter?

„Als Allererstes das Aufstehen. Ich wache viel lieber mit Sonnenstrahlen im Gesicht auf als mit Regentropfen an der Scheibe. DarĂŒberhinaus liebe ich dic WĂ€rme. Die sommerlichen Temperaturen erhellen einfach das GemĂŒt. 

Wenn es stĂ€ndig dunkel ist, wie im November zum Beispiel, schlĂ€gt das irgendwann auch auf die Stimmung. Darum ist der November der Monat im Jahr, den ich ĂŒberhaupt nicht mag. Deshalb ist mein neuer Song eine LiebeserklĂ€rung an den Sommer, den man am liebsten immer halten möchte. Schließlich leben wir in Deutschland und nicht in Spanien. Hier haben wir GlĂŒck, wenn wir drei bis vier Monate Sommer haben.“

„Lass den Sommer nie vergehen“ kĂŒndigt Dein neues Album „Carpe Diem“ an. Das Album soll Nicole von einer ganz neuen Seite zeigen. Kannst Du schon mehr verraten?

„Wir haben fĂŒr ‚Carpe Diem‘ unsere FĂŒhler in alle musikalischen Richtungen ausgestreckt. Es sind rockige Töne dabei, es ist Country vertreten. NatĂŒrlich darf auch eine wunderschöne Ballade nicht fehlen. Uptempo-Nummern sind selbstverstĂ€ndlich auch drauf. So ist insgesamt ein sehr buntes, vielseitiges bzw. breitgefĂ€chertes Album entstanden.“

Hast Du bei „Carpe Diem“ auch wieder mit Heinz Rudolf Kunze zusammengearbeitet?

„Ja, das haben wir. Heinz Rudolf Kunze hat wieder einmal wundervolle Texte mit meinem Schlagzeuger zusammen geschrieben. Ich habe auch selber mit Hand angelegt und getextet und komponiert. Meine Band hat sich viel mit eingebracht. Und junge Leute aus dem hohen Norden haben wir ins Boot geholt, die frischen Wind reinbringen. Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass das Album schon was ganz Besonderes geworden ist.“

Nochmal zu Deiner Single „Lass den Sommer nie vergehen“. Wo ist das Musik-Video dazu entstanden?

„Das Video haben wir bei Hildesheim gedreht. Dort gibt es einen Park, wo man zelten kann. Den sieht man in dem Video auch, genauso wie den Pool und einen Lagerfeuer- und Grillplatz. Diesen Ort haben wir uns ausgesucht, um den Inhalt des Songs optisch rĂŒberzubringen. Wir haben auch sehr authentische und bodenstĂ€ndige Menschen aller Altersstufen als Darsteller gewĂ€hlt. Das Video war dank Nikolay Georgiev in nur einem Tag fertig gedreht. Mit Nikolay arbeite ich schon seit ĂŒber 20 Jahren zusammen, er hat ĂŒbrigens alle meine Videos gemacht. Nikolay hat alle meine letzten Alben portrĂ€tiert, die Cover gestaltet sowie die Fotos fĂŒr die Booklets gemacht.“

Wir durften Dich letztes Jahr bei Deiner Tour live erleben. Die Tour war eine Zeitreise durch Deine unbeschreibliche Karriere. Deine Liebe zu Afrika, alles hast Du in ein unvergessliches Konzert gepackt. Du hast es geschafft, ohne aufwendiges BĂŒhnenbild und ohne Pyrotechnik die Menschen am Herzen zu berĂŒhren. Wie gelingt Dir das? Wenn wir daran zurĂŒckdenken, haben wir jetzt noch eine GĂ€nsehaut.

„Es wird so viel ĂŒberbewertet. Alles was so drum herum auf der BĂŒhne passiert, lenkt eigentlich nur ab. Wenn du zum Beispiel eine Dance-Gruppe bist, bist du abhĂ€ngig von Effekten. Da wird auf Show gesetzt, und die Texte sind nebensĂ€chlich. Möchtest du aber die Menschen am Herzen berĂŒhren und hast gute Texte, die das schon alleine tun, dann brauchst du kein Feuerwerk. Weniger ist dann hĂ€ufig mehr. So kann man sich auf den SĂ€nger, seine Gestik und den Gesichtsausdruck bei den Songs konzentrieren. Du siehst, wie der KĂŒnstler selbst den Song empfindet.

Ich sage immer „back to the roots“. All die Technik ist nicht nötig, wenn du selbst deine Lieder lebst. Genau aus diesem Grund mache ich gerne Kirchenkonzerte. Da passiert nichts. Die Kirche alleine sorgt schon fĂŒr eine ganz besondere AtmosphĂ€re. Du schaffst wie bei MTV unplugged einmal eine Lichtstimmung, und die bleibt. In einer Kirche braucht es dann nur ein paar warme Strahler an den SĂ€ulen, und schon hast du eine so tolle ruhige und warme Stimmung.“

Auch nach so vielen Jahren spĂŒrt man, dass Du von ganzem Herzen liebst, was Du schon so lange tust


„Ja, und solange das noch so ist und solange ich auch das Feedback vom Publikum bekomme, mache ich weiter. Ich habe von den Fans Kommentare erhalten: ‚Bitte höre nicht auf, mache weiter.‘ Das sind die Momente, die einen freuen, weil das Publikum die Spreu vom Weizen unterscheiden kann.“

Nicole und ihr Markenzeichen damals wie heute – die weiße Gitarre

Nach der Tour ist vor der Tour. Bald gehst Du auf große Geburtstagstour. Kannst Du da schon ein wenig mehr verraten?

„Wir werden mit den neuen Songs im GepĂ€ck auf Tournee gehen. NatĂŒrlich verzichten wir auch nicht auf meine alten Hits, da wartet das Publikum drauf. Wenn ich zu Reinhard Mey gehe, dann möchte ich ‚Über den Wolken‘ hören. SpĂ€testens beim 20. Lied frage ich mich, wann der Song endlich kommt. ‚Ein bisschen Frieden‘, ‚Flieg nicht so hoch‘, ‚Ein leises Lied‘ wird bei mir auf jeden Fall kommen. Vom neuen Album prĂ€sentieren wir sechs bis sieben Songs live. 

Wir erarbeiten auch wieder ein neues BĂŒhnenbild, was im Rahmen bleibt und zu mir passt. Auch bei der Geburtstagstour verzichten wir auf Effekthascherei. Bei der gesamten Band rotieren schon die Gedanken, vor allem bei Jens, meinem Schlagzeuger, der hauptsĂ€chlich die FĂ€den in der Hand hat. Letztendlich haben wir aber fast die gleiche Ideen. Wir ergĂ€nzen uns da perfekt.“

Auch, wenn man es Dir nicht ansieht, es steht ein runder Geburtstag am 24. Oktober bei Dir an. Weißt Du schon, wie Du Deinen Geburtstag verbringen wirst?

„Ich weiß, dass ich nicht zuhause sein werde. Ich schnappe mir meine Familie, und wir fliegen irgendwo hin. Es wird nicht Afrika, dann ist es dort noch nicht warm genug. Auch die Flugzeit dorthin ist sehr lang, wenn du die Enkelkinder mitnimmst. Afrika ist nichts fĂŒr Kinder. In Kapstadt gibt es keinen Aqua-Park, wo die Kinder ausgelassen toben und spielen können. Kapstadt ist nicht auf Tourismus ausgelegt. Es hat tolle Weinberge und große Weiten. Man kann dort großartig essen und ĂŒber MĂ€rkte bummeln. Aber irgendwo in Europa wird es eine Stelle geben, wo die Kinder und wir Spaß haben. Dort werden wir sicher eine wunderschöne Woche alle gemeinsam verbringen.“

Was hat Dich an Afrika so fasziniert, dass Du Dein Herz daran verloren hast?

„Alles. Als ich zum ersten Mal dort war, das erzĂ€hle ich ja auch immer bei meinen Konzerten, setzte ich meine FĂŒĂŸe auf den Boden und habe gewusst: Hier ist irgendwas. Ganz schnell wusste ich auch, was dort ist. Das Licht ist unglaublich golden, warm und weich. Als ich das gesehen habe, habe ich gewusst, warum die ganzen Badekataloge in Kapstadt im Winter fotografiert werden. Bei diesem Licht brauchst du kein großes Equipment. Du kannst das natĂŒrliche Sonnenlicht nutzen, um die schönsten Fotos zu machen. In diesem goldenen Licht sehen nicht nur die Models toll aus. Deshalb haben wir auch schon Fotos da gemacht und das Video gedreht. 

Was mich auch beeindruckt, sind die Menschen. Es ist ein anderer Menschenschlag, du bist sofort mit jedem warm. Du gehst zum Picknick auf einem Weingut, sitzt dort und weißt nicht, wer neben dir sitzt. Dann bestellst du dir einen Picknickkorb, weißt aber immer noch nicht, wer dein Nachbar ist. Trotzdem hat man sofort Kontakt. Sie fragen, wer du bist, und innerhalb von fĂŒnf Minuten bist du zum Essen eingeladen. Es gibt einfach keine Grenzen, und keiner sagt: ‚Weißt du, wer ich bin?!‘ 

Dabei sitzen dort nur hochrangige Leute. Der eine Mann war ein Ingenieur, der etwas ganz Tolles gebaut hatte. Die Menschen setzen sich dort aber nicht hin und prahlen mit dem, was sie alles haben. Meine Tischnachbarin war zum Beispiel eine Ärztin, die auf Kinderherztransplantationen spezialisiert war. Solche Menschen sitzen dort wie du und ich und sagen: ‚Komm morgen vorbei, da machen wir auf unserer Terrasse ein Barbecue.‘ Und so kam es, dass wir am folgenden Abend bei ihnen zu Abend gegessen haben. Diese ungezwungene Art genieße ich.“

Nicole, Ein bisschen Frieden, Single

Auch wir mĂŒssen natĂŒrlich einmal auf Deinen grĂ¶ĂŸten Hit „Ein bisschen Frieden“ zu sprechen kommen. Ralph Siegel sagte kĂŒrzlich im BR-Podcast, als er zum ersten Mal gehört hat, wie Du „Ein bisschen Frieden“ eingesungen hast, war er zu TrĂ€nen gerĂŒhrt.

–> https://schlagerzeile.de/interviews/ralph-siegel-bei-ein-bisschen-frieden-flossen-traenen/

„Richtig“, erinnert sich Nicole. â€žIch habe es gesehen. Er lief heulend aus dem Studio und wusste nicht, dass mein Tonmeister auf den Mithörknopf gedrĂŒckt hatte. Ich bekam natĂŒrlich mit, wie er rauslief und stammelte: ‚Damit gewinnen wir die Eurovison.‘“

Was hast Du in diesem Moment gedacht?

„Beim Rauslaufen hat er das gesagt. Ich hatte die Glasscheibe vor Augen, und Conny saß am Mischpult. Ich fragte nochmal nach: ‚Was hat er gesagt?‘ Conny bestĂ€tigte: ‚Damit gewinnen wir die Eurovision.‘ Er nickte und holte mehrfach tief Luft


Als dann tatsĂ€chlich das erste Mal „Germany – 12 Points“ kam, was ging da in Dir vor?

„Es lag an dem Abend schon irgendwie in der Luft. Nach der ersten Probe sind die Wetten fĂŒr Deutschland hochgegangen. Die EnglĂ€nder sind ein ausgesprochen wettfreudiges Volk. Ein wichtiges Zeichen fĂŒr mich war, dass die Putzfrauen aufgehört haben zu putzen, wĂ€hrend ich geprobt habe. Sie gingen durch die Reihen und haben sauber gemacht. Und als ich auf der BĂŒhne bei den Proben sang, haben sie sich auf den Schrubber gestĂŒtzt und zugehört. Als ich zuende gesungen hatte, haben sie weitergeputzt. Da habe ich nur gesagt: Das ist das Volk, das ist keine Jury. Und die hat es im Herzen berĂŒhrt.“

Gibt es auch Songs, die Dich in Deiner schweren Zeitauch wÀhrend der Krankheit, begleitet und Dir Kraft gegeben haben?

„SĂ€mtliche Songs, die mit Kraft geben und Mut machen zu tun haben, habe ich mir immer vor Augen gehalten. Aufstehen und kĂ€mpfen – egal, wie schlecht es gerade ist, es gibt irgendwo immer was Positives. Das habe ich mir immer vor Augen gehalten, dass es ein Licht am Ende des Tunnels geben muss. Und dass man sich auch dorthin kĂ€mpfen muss. Ich bin Skorpion und schon immer eine KĂ€mpferin gewesen. Aufgaben war noch nie eine Option. Da gibt es so viele Lieder, die passen, so dass ich eigentlich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.“

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